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Internationaler Tag des Eigentums: Wohnpolitik – ein schlafender Riese?

01.12.2019

Die Zukunft der Wohnpolitik stand im Zentrum des „Internationalen Tag des Eigentums“ zu dem der ÖHGB am 29. November 2019 geladen hatte. Tenor der Veranstaltung: In Zeiten der Emotionalisierung der Politik ist es dringend geraten, auf die Bedeutung des Eigentums für unsere Gesellschaft hinzuweisen.

ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer begrüßte als „Hausherr“ die Gäste aus dem In- und Ausland sowie Unterstützer und Förderer des Verbandes zum „Internationalen Tag des Eigentums“. Der Präsident des europäischen Dachverbandes UIPI, Stratos Paradias, ließ über eine Videoeinspielung seine Grußbotschaft den Anwesenden zukommen und wies auf das zentrale Thema des Tages hin: Eigentum als Menschenrecht, das respektiert und nicht eingeschränkt werden sollte.

Das Zeitalter der Emokratie

Als Hauptredner war dieses Jahr der Politikberater Dr. Thomas Hofer geladen. Er zeigte – mit Beispielen aus dem vergangenen Wahlkampf – wie schwierig es ist, Sachthemen auch wirklich sachlich zu diskutieren. „Wir stehen vor dem Zeitalter der Emokratie‘ prognostizierte Hofer, „es zeigte sich daran, dass im Wahlkampf die Thematisierung von Skandalen und nicht die Sachpolitik im Vordergrund stand“.

Auch für die Wohnpolitik gelte, dass es wichtig sei, auf Begrifflichkeiten zu achten. Der Fachbegriff dafür lautet „Framing“ und bedeutet (unteranderem), dass kritische Sachverhalte mit bewusst ausgewählten Begriffen bezeichnet werden, um deren Deutung und Beurteilung in eine gewünschte Richtung zu lenken. Hofer nennt ein Beispiel: In den USA treten die Republikaner als Gegner der Erbschaftssteuer auf, die dort „Estate Tax“ genannt wird. Den republikanischen Strategen war dieser Begriff zu wenig emotional aufgeladen. Also begannen sie, nur noch von der „Death Tax“ zu sprechen, also von der Todessteuer. Dieser Begriff dient als emotionaler Klammer soll aufwühlend wirken – wer die „Death Tax“ zahlt, zahlt für den eigenen Tod!

Im vergangenen österreichischen Wahlkampf sei es zuletzt Sebastian Kurz gelungen, einen emotionalen Rahmen zu legen, so Hofer. Kurz habe den „sanften“ Wandel propagiert, um sich dadurch vom „radikalen Wandel“ der FPÖ zu unterscheiden.

Lange Zeit habe es die ÖVP vermieden, das Wort „Gerechtigkeit“ in den Mund zu nehmen, da dieses von der SPÖ in Beschlag genommen worden sei. Sebastian Kurz habe das geändert und den Begriff „Gerechtigkeit“ im Sinne der ÖVP umgedeutet, nämlich als „Gerechtigkeit für Leistungsträger“. Dadurch habe er erfolgreich eine „Gegenerzählung“ zum Gerechtigkeitsbegriff der SPÖ aufgebaut.

Positionieren Sie sich rechtzeitig!

In der politischen Debatte haben Themen immer einen gewissen Lebenszyklus. Immer dann, wenn sich die Aufmerksamkeit dieses Thema dem Höhepunkt nähert, gerät die Politik unter Druck. Der Handlungsspielraum der Politik wird immer geringer, und es kommt zu Anlassgesetzgebung, Ein Beispiel dafür sei die Wohnpolitik in Deutschland: Der „Mietendeckel“ oder das Bestellerprinzip bei Maklergebühren seien Themen, die sehr stark emotionalisierend wirken und dadurch die handelnden Politiker unter Druck setzen.

Das Wohnthema werde bei den Koalitionsverhandlungen in Österreich nicht so stark im Zentrum stehen, meint Hofer. Andere Themen seien sowohl für Türkis als auch für Grün dringlicher. Aber die Wohnpolitik sei ein „schlafender Riese“. Denn die SPÖ werde sehr wohl versuchen, die Grünen von dieser Seite her zu attackieren. Und je emotionaler diese Attacken ausfallen, umso enger sei der politische Handlungsspielraum.

Hausbesitzer und Eigentümer sollten sich der Gefahr der Emotionalisierung der Wohnpolitik bewusst sein. Dieser Emotionalisierung von Seiten des politischen Gegners gelte es, entgegenzutreten. Hofers Botschaft an die Eigentümer: „Seien Sie frühzeitig am politischen Platz, versuchen Sie, das Thema rechtzeitig zu framen, und warten Sie nicht darauf, bis das Thema so hochgespielt ist, dass Sie in der Defensive sind.“

Eigentumfeindliches Mietrecht

Im Anschluss an den Vortrag moderierte Mag. Michael Neubauer, Chefredakteur des „Immobilienfokus“, eine Diskussion, in deren Zentrum der Wandel des Begriffs „Eigentum“ in Zeiten der Sharing Economy stand.

Dr. Thomas Hofer erinnerte daran, wie sehr das Mietrecht auf Seiten der Mieter stehe. Dies sehe man beispielsweise daran, wie schwer es sei, Mietbetrüger aus der Wohnung zu bekommen. In der öffentlichen Wahrnehmung sei es aber genau umgekehrt – da würde der Vermieter als privilegiert angesehen.

Was die Bedeutung von Eigentum angehe, sah Hofer eine gewisse Diskrepanz zwischen den Generationen. Statussymbolen wie das Auto oder die eigene Wohnung stehen bei der jungen Generation nicht so sehr im Zentrum. Aber das sei nicht in Stein gemeißelt: Eigentum sei bei der jungen Generation noch lang nicht passé, und Werthaltungen würden sich im Lauf des Älterwerdens ändern.

„Framing“ und der Mietendeckel

Dr. Kai Warnecke, Präsident des deutschen Eigentümerverbandes „Haus & Grund“ berichtete von eigentumfeindlichen Tendenzen in Berlin: „Das Problem ist, dass die jüngere Generation gar keine Ahnung hat, wie es vor 30 Jahren in Ostberlin aussah und deswegen in der Debatte um die Bedeutung des Eigentums mit einem gewissen Unwissen dasteht.“ In Berlin werde gerne das Wiener Modell des kommunalen Wohnens propagiert. Auch wenn das statistische Bundesamt darauf hinweist, dass die niedrigsten und die am langsamsten wachsenden Mieten bei privaten Eigentümern zu finden sind. „Nichtsdestotrotz räumt die SPD im Rahmen der großen Koalition den genossenschaftlichen Wohnträgern alle möglichen Steuervorteile ein, nach dem Motto: Das sind ja die Guten‘ so Warnecke.

Die Diskussion um den Mietendeckel sei ein besonders gutes Beispiel für Framing. Denn der Begriff würde verschleiern, dass Mieten einfach auf ein willkürlich festgelegtes Mittelmaß gesenkt würden. Wer in einem schlechten Bezirk wohne, würde vom Mietendeckel gar nichts haben. Wer aber in einer Wohnung in einem Nobelviertel wie „Unter den Linden“ wohne, für den bedeutet der Mietendeckel eine Halbierung der Mieten. Und dort wohnen keine Sozialhilfeempfänger!

Den Markt zulassen!

Günter Stummvoll, Sprecher der „Initiative Standort“, monierte, dass sich das linke Lager in der Öffentlichkeit viel stärker zu Wort melde als das bürgerliche Lager, dessen Grundwerte immerhin die Basis unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung bilden. Den Bürgerlichen sei dies zwar bewusst, dennoch seien sie bisher selten bereit gewesen, das Recht auf Eigentum offensiv zu verteidigen. Deswegen habe man die „Initiative Standort“ gegründet, in die sich auch der ÖHGB sehr aktiv einbringt. „Soziale Gerechtigkeit braucht Leistungsgerechtigkeit – weil man nur verteilen kann, was man vorher erarbeitet hat“, so Stummvoll.

Auch für ÖHGB-Präsidenten RA Dr. Martin Prunbauer ist die Frage des Eigentums zentral. Österreich habe laut OECD einen der meist regulierten Mietmärke Europas. „Man muss den Markt aber zulassen, damit er auch funktioniert“, meinte der ÖHGB-Präsident.